Lena ganz oben
Auf dem Dach, allein, über mir Sterne, unter mir die Lichter der Stadt. Man könnte meinen, es sei einfach nur ein schöner Ort.
Die Lichter geradeaus auf dem Hügel gehören zu den Ausläufern Ramallahs, Scheinwerfer der Autos kriechen die steile Straße zur Stadt hoch, sie ist das einzige Nadelöhr für palästinensische Autofahrer zwischen Nablus im Norden und hier.
Die gelbe Straßenbeleuchtung links auf dem Hügel gehört zu einer israelischen Siedlung: auf der Straßenkarte von Ramallah ist sie in rot eingezeichnet. Eine im Vergleich zur Größe der Stadt sehr große rote Fläche kennzeichnet die Siedlung, von der bis auf den Anblick ihrer Lichter und die israelische Militärpräsenz bisher nicht viel zu merken war. Israelisches Militär ist uns auf dieser Strecke erst zwei Mal begegnet: einmal kontrollierten eine Hand voll bis an die Zähne bewaffneter und einigermaßen schusssicher eingepackter Soldaten die Insassen eines Kleinbusses, darunter mehrere Kinder, die sich in Reih und Glied aufstellen mussten; ein anderes Mal bewahrte uns die Deutschlandfahne auf dem Auto und der eilig hochgehaltene rote Pass vor einer persönlichen Kontrolle durch die gelangweilt aussehenden Soldaten.
Die Sicht vom Dach „unseres“ Hauses auf dem Sternberg/Star mountain/jebel al nejmer reicht rechts bis weit nach Israel: die Lichter der Siedlung, der Straße und Ramallahs werden hinter den Hügeln von der Beleuchtung Jerusalems fortgesetzt. Sind es auch nur wenige Kilometer Luftlinie bis zum israelischen Teil des Landes, so ist der Weg dahin über den Checkpoint Calandia für Leute ohne rote Pässe eine alltägliche Schikane. Die fast surrealistischen Bilder am Checkpoint bei unserer Einreise spuken mir immer noch im Kopf herum:
Tina und zwei ihrer Freundinnen begleiten uns auf dem Weg von Tel Aviv über Jerusalem nach Ramallah. Müde von einer Nacht ohne Schlaf und den Eindrücken aus Tel Aviv und Jerusalem sitzen wir in einem Sammeltaxi und werden zum Checkpoint gefahren. Irgendwann wir die Straße enger und ist auf beiden Seiten von Felswänden eingefasst, der Verkehr wird dichter und nach einigen Minuten taucht auf der linken Seite die graue Betonmauer auf. Das Taxi fährt nur noch Schritttempo, weshalb die anderen Fahrgäste nach und nach aussteigen und auch wir entscheiden uns für den offenbar schnelleren Fußweg über den Checkpoint. Wir bahnen uns den Weg durch die kreuz und quer stehenden Autos, ein Eisverkäufer kommt uns entgegen, mein ohnehin schwach ausgeprägter Orientierungssinn geht hier komplett verloren. Auf der zu unserer Linken stehenden Mauer hat jemand den Schatten eines Mädchens gemalt, dass von einem Strauß Luftballons in die Höhe getragen wird.
Gut, dass Tinas beiden Freundinnen (auch Ausländerinnen wie wir) routiniert mit diesem Chaos umgehen, wir brauchen ihnen nur zu folgen. Wir fünf fallen hier auf, zumal Sebastian und ich noch unser Gepäck auf dem Rücken tragen. Auch einem Taxifahrer, er ruft uns entgegen: Welcome to our country! Vorbei an Essenständen, Uhren, Taschen, jeder mögliche Kram wird hier angeboten, die Händler und Bettler sitzen auf dem Boden und rufen uns hinterher; ein Junge verfolgt mich eine ganze Weile und schlägt mit einer leeren Plastikflasche auf meinen Rucksack, dass Sebastian ihn schließlich davon abbringt kriege ich gar nicht mit, denn ich bin nur damit beschäftigt, den anderen zu folgen und die absurden Szenen mit zu bekommen. So das Bild einer im blauen Himmel schwebenden Betonstehle, die an der Kette eines Krans hängt. Ein Mann sitzt auf der mehrere Meter hohen Mauer und versucht dem Kranfahrer Anweisungen zu geben, um die Mauer mit dem schwebenden Teil zu ergänzen..
Der Checkpoint: Auf dem Weg nach Palästina wird hier erstmal gar nichts gecheckt, wir müssen nur durch eine metallene Drehtür gehen. Der Weg nach Israel scheint dagegen wesentlich schwieriger: eine Menschenschlange staut sich in einem abgezäunten und überdachten Gang vor den Kontrollen. Von der alltäglichen Schikane, von der oft erzählt wird, bekommen wir jetzt noch nichts mit; auch in Zukunft werden wir persönlich kaum davon betroffen sein: Pass- und Hautfarbe sei Dank.
In Ramallah angekommen verabschieden wir uns von Tina und den anderen und werden von einem sehr freundlichen aber nur arabisch sprechenden Taxifahrer zu unserer Unterkunft gebracht (und dabei sehr freundlich und auf arabisch über den Tisch gezogen). Auf der Fahrt bringen wir uns die Worte Stern und Berg auf englisch und arabisch bei – Star Mountain ist der Name unserer Unterkunft.
Sterne über mir Lichter unter mir. Jetzt verseht mich nicht falsch: vieles andere ist hier so alltäglich, bekannt (Falafel und saure Gurken als Deutschland-Palästina verbindendes Grundnahrungsmittel, Anblick von Stoff auf Haut und Haaren oder Haare und eingeschränkt auch haut pur) und interessant, man könnte fast meinen, es sei einfach nur ein eigensinnig schöner Ort.
Die Nadelöhr-Straße verbinde ich neben Militärkontrollen übrigens auch mit hupenden Taxis und dem Anblick und Geruch eines verwesenden Schafes…
Die Lichter geradeaus auf dem Hügel gehören zu den Ausläufern Ramallahs, Scheinwerfer der Autos kriechen die steile Straße zur Stadt hoch, sie ist das einzige Nadelöhr für palästinensische Autofahrer zwischen Nablus im Norden und hier.
Die gelbe Straßenbeleuchtung links auf dem Hügel gehört zu einer israelischen Siedlung: auf der Straßenkarte von Ramallah ist sie in rot eingezeichnet. Eine im Vergleich zur Größe der Stadt sehr große rote Fläche kennzeichnet die Siedlung, von der bis auf den Anblick ihrer Lichter und die israelische Militärpräsenz bisher nicht viel zu merken war. Israelisches Militär ist uns auf dieser Strecke erst zwei Mal begegnet: einmal kontrollierten eine Hand voll bis an die Zähne bewaffneter und einigermaßen schusssicher eingepackter Soldaten die Insassen eines Kleinbusses, darunter mehrere Kinder, die sich in Reih und Glied aufstellen mussten; ein anderes Mal bewahrte uns die Deutschlandfahne auf dem Auto und der eilig hochgehaltene rote Pass vor einer persönlichen Kontrolle durch die gelangweilt aussehenden Soldaten.
Die Sicht vom Dach „unseres“ Hauses auf dem Sternberg/Star mountain/jebel al nejmer reicht rechts bis weit nach Israel: die Lichter der Siedlung, der Straße und Ramallahs werden hinter den Hügeln von der Beleuchtung Jerusalems fortgesetzt. Sind es auch nur wenige Kilometer Luftlinie bis zum israelischen Teil des Landes, so ist der Weg dahin über den Checkpoint Calandia für Leute ohne rote Pässe eine alltägliche Schikane. Die fast surrealistischen Bilder am Checkpoint bei unserer Einreise spuken mir immer noch im Kopf herum:
Tina und zwei ihrer Freundinnen begleiten uns auf dem Weg von Tel Aviv über Jerusalem nach Ramallah. Müde von einer Nacht ohne Schlaf und den Eindrücken aus Tel Aviv und Jerusalem sitzen wir in einem Sammeltaxi und werden zum Checkpoint gefahren. Irgendwann wir die Straße enger und ist auf beiden Seiten von Felswänden eingefasst, der Verkehr wird dichter und nach einigen Minuten taucht auf der linken Seite die graue Betonmauer auf. Das Taxi fährt nur noch Schritttempo, weshalb die anderen Fahrgäste nach und nach aussteigen und auch wir entscheiden uns für den offenbar schnelleren Fußweg über den Checkpoint. Wir bahnen uns den Weg durch die kreuz und quer stehenden Autos, ein Eisverkäufer kommt uns entgegen, mein ohnehin schwach ausgeprägter Orientierungssinn geht hier komplett verloren. Auf der zu unserer Linken stehenden Mauer hat jemand den Schatten eines Mädchens gemalt, dass von einem Strauß Luftballons in die Höhe getragen wird.
Gut, dass Tinas beiden Freundinnen (auch Ausländerinnen wie wir) routiniert mit diesem Chaos umgehen, wir brauchen ihnen nur zu folgen. Wir fünf fallen hier auf, zumal Sebastian und ich noch unser Gepäck auf dem Rücken tragen. Auch einem Taxifahrer, er ruft uns entgegen: Welcome to our country! Vorbei an Essenständen, Uhren, Taschen, jeder mögliche Kram wird hier angeboten, die Händler und Bettler sitzen auf dem Boden und rufen uns hinterher; ein Junge verfolgt mich eine ganze Weile und schlägt mit einer leeren Plastikflasche auf meinen Rucksack, dass Sebastian ihn schließlich davon abbringt kriege ich gar nicht mit, denn ich bin nur damit beschäftigt, den anderen zu folgen und die absurden Szenen mit zu bekommen. So das Bild einer im blauen Himmel schwebenden Betonstehle, die an der Kette eines Krans hängt. Ein Mann sitzt auf der mehrere Meter hohen Mauer und versucht dem Kranfahrer Anweisungen zu geben, um die Mauer mit dem schwebenden Teil zu ergänzen..
Der Checkpoint: Auf dem Weg nach Palästina wird hier erstmal gar nichts gecheckt, wir müssen nur durch eine metallene Drehtür gehen. Der Weg nach Israel scheint dagegen wesentlich schwieriger: eine Menschenschlange staut sich in einem abgezäunten und überdachten Gang vor den Kontrollen. Von der alltäglichen Schikane, von der oft erzählt wird, bekommen wir jetzt noch nichts mit; auch in Zukunft werden wir persönlich kaum davon betroffen sein: Pass- und Hautfarbe sei Dank.
In Ramallah angekommen verabschieden wir uns von Tina und den anderen und werden von einem sehr freundlichen aber nur arabisch sprechenden Taxifahrer zu unserer Unterkunft gebracht (und dabei sehr freundlich und auf arabisch über den Tisch gezogen). Auf der Fahrt bringen wir uns die Worte Stern und Berg auf englisch und arabisch bei – Star Mountain ist der Name unserer Unterkunft.
Sterne über mir Lichter unter mir. Jetzt verseht mich nicht falsch: vieles andere ist hier so alltäglich, bekannt (Falafel und saure Gurken als Deutschland-Palästina verbindendes Grundnahrungsmittel, Anblick von Stoff auf Haut und Haaren oder Haare und eingeschränkt auch haut pur) und interessant, man könnte fast meinen, es sei einfach nur ein eigensinnig schöner Ort.
Die Nadelöhr-Straße verbinde ich neben Militärkontrollen übrigens auch mit hupenden Taxis und dem Anblick und Geruch eines verwesenden Schafes…
lena.spr - 6. Sep, 09:55
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