Eine Runde Ramallah
Mittlerweile haben mich meine gemäßigten Jesuslatschen aus der Heiligen Stadt schon weit durch dieses Land getragen. Täglich zum Beispiel laufe ich mit ihnen durch Ramallah, wo diese Schuhe nicht besonders en vogue sind, es liegt sicher auch an den wenigen Touristen, die sich hierher verirren. Trotzdem versichern einem ständig Leute den im Vergleich zum restlichen Palästina internationalen Charakter der Stadt mit ihren 40.000 Einwohnern *. Diese Einwohner sind dementsprechend routiniert, Ausländern wie uns „Welcome“ hinterher zu rufen; inzwischen stelle ich erstaunt fest, dass manche Leute diese Begrüßung tatsächlich ehrlich meinen, andere, besonders halbstarke Jungs, freuen sich darüber, fremde Leute anzusprechen und erhoffen sich ein wenig Aufmerksamkeit für ihre hormonschwangeren Gemüter. Insbesondere kleine Mädchen finden es cool, sich im Vorbeilaufen nach unserem Namen zu erkundigen und dabei ihre ersten Brocken Englisch anzuwenden.
Ramallah ist sympathisch, besonders im Vergleich zu Jerusalem, das sehr viel verkrampfter mit seinen geballten Religiositäten auftritt (oder ich bewege mich einfach verkrampfter) und dabei nicht besonders tolerant wirkt, sondern eher ignorant. Da ist mir der grundlegende Dresscode -knielang, schulternbedeckend- in Ramallah angenehmer, nein, ich und sehr viele andere Frauen tragen kein Kopftuch.
Wenn 40.000 Einwohner in Deutschland eine lahme kleine Stadt verheißen, so tobt in Ramallah das Leben auf den Straßen. Zentraler Platz in der Stadt ist ein Kreisverkehr, in dessen Mitte eine Säule mit mehreren Löwen drumherum aufgebaut ist, von der Spitze der Säule gehen Seile mit kleinen Palästina-Fahnen ab. Am Kreisverkehr nehmen Autos, Taxis, Fußgänger zu gleichen Teilen und selten auch Pferde teil, die aber allesamt nicht geordnet im Kreis laufen sondern sich erstaunlich organisch aneinander vorbei schlängeln. Manchmal reguliert ein passionierter Verkehrspolizist das Durcheinander und legt dabei eine Show ab, die aus einer Mischung von Breakdance und YMCA-Gehampel besteht. Er hat offensichtlich Spaß an seinem Job. Vom zentralen Platz, er heißt Manara, bedeutet Leuchtturm, gehen sechs Straßen ab:
1. Die Taxistand-Straße, von dort aus betreten wir die Stadt und fahren später in Richtung Bir Zeit mit einem Sammeltaxi zu unregelmäßigen Fahrpreisen nach Hause;
2. Die Markt-Straße, in der ein unglaublich reichhaltiger Obst- und Gemüsemarkt zu finden ist. Wir freuen uns über spottbillige Lebensmittel, die Verkäufer freuen sich über unsere Bereitschaft, ohne zu handeln horrende Preise zu zahlen.
3. Die Straße der Autonomiebehörde sieht Nahe dem Manara unspektakulär nach Geschäften aus, führt aber, der Name sagt es schon, stadtauswärts an der Autonomiebehörde entlang. Mittlerweile gehen wir sehr gelassen mit dem Anblick des historisch umzäunten und eingemauerten Geländes um, wir waren auch schon drinnen und haben den zerstörten Amtssitz und das von Plastikblumen bedeckte Grab Yassir Arafats begutachtet. Außerdem grüßen die Soldaten immer recht freundlich.
4. Die Internetcafe-Straße wird hier auch stellvertretend für Straße 5 und 6 beschrieben, der für uns relevante Unterschied liegt in der Anwesenheit unseres Internetcafes im fünften Stock eines Shoppingcenters. Ansonsten kann man in den Straßen 4,5 und 6 alles das kaufen, was es man in den Straßen 1-3 nicht bekommt. Außerdem gibt es Cafes, in denen man bombastische Torten essen kann oder zuckergetränkte Süßspeisen, die vergleichbar lecker sind. Von dort aus kann man entspannt das Gewusel auf den Straßen beobachten, wenn man Glück hat sogar mal eine Demonstration.
Es ist also immer viel los, alle sind draußen und drängeln oder schlängeln aneinander vorbei, ohne ignorant zu sein. Man kann den Backmaschinen beim Backen zusehen, man kann Kanarienvögel in ihren Käfigen beim Singen zuhören, manchmal den Müll riechen oder frisch gemahlenen Kaffee, frisch gepresste Säfte trinken und mitten im Gewusel nicht verstehen, dass sich zu Hause jemand um einen Sorgen machen könnte, nur weil man in Ramallah ist.
Viele Gruesse,
Lena
* Diese Angabe stammt aus einer Ramallah-Broschuere. Es muessen aber deutlich mehr sein, man spekuliert so, zwischen 100 000 und 300 000. Oder eben 40 000. Man weiss ja nie.
Ramallah ist sympathisch, besonders im Vergleich zu Jerusalem, das sehr viel verkrampfter mit seinen geballten Religiositäten auftritt (oder ich bewege mich einfach verkrampfter) und dabei nicht besonders tolerant wirkt, sondern eher ignorant. Da ist mir der grundlegende Dresscode -knielang, schulternbedeckend- in Ramallah angenehmer, nein, ich und sehr viele andere Frauen tragen kein Kopftuch.
Wenn 40.000 Einwohner in Deutschland eine lahme kleine Stadt verheißen, so tobt in Ramallah das Leben auf den Straßen. Zentraler Platz in der Stadt ist ein Kreisverkehr, in dessen Mitte eine Säule mit mehreren Löwen drumherum aufgebaut ist, von der Spitze der Säule gehen Seile mit kleinen Palästina-Fahnen ab. Am Kreisverkehr nehmen Autos, Taxis, Fußgänger zu gleichen Teilen und selten auch Pferde teil, die aber allesamt nicht geordnet im Kreis laufen sondern sich erstaunlich organisch aneinander vorbei schlängeln. Manchmal reguliert ein passionierter Verkehrspolizist das Durcheinander und legt dabei eine Show ab, die aus einer Mischung von Breakdance und YMCA-Gehampel besteht. Er hat offensichtlich Spaß an seinem Job. Vom zentralen Platz, er heißt Manara, bedeutet Leuchtturm, gehen sechs Straßen ab:
1. Die Taxistand-Straße, von dort aus betreten wir die Stadt und fahren später in Richtung Bir Zeit mit einem Sammeltaxi zu unregelmäßigen Fahrpreisen nach Hause;
2. Die Markt-Straße, in der ein unglaublich reichhaltiger Obst- und Gemüsemarkt zu finden ist. Wir freuen uns über spottbillige Lebensmittel, die Verkäufer freuen sich über unsere Bereitschaft, ohne zu handeln horrende Preise zu zahlen.
3. Die Straße der Autonomiebehörde sieht Nahe dem Manara unspektakulär nach Geschäften aus, führt aber, der Name sagt es schon, stadtauswärts an der Autonomiebehörde entlang. Mittlerweile gehen wir sehr gelassen mit dem Anblick des historisch umzäunten und eingemauerten Geländes um, wir waren auch schon drinnen und haben den zerstörten Amtssitz und das von Plastikblumen bedeckte Grab Yassir Arafats begutachtet. Außerdem grüßen die Soldaten immer recht freundlich.
4. Die Internetcafe-Straße wird hier auch stellvertretend für Straße 5 und 6 beschrieben, der für uns relevante Unterschied liegt in der Anwesenheit unseres Internetcafes im fünften Stock eines Shoppingcenters. Ansonsten kann man in den Straßen 4,5 und 6 alles das kaufen, was es man in den Straßen 1-3 nicht bekommt. Außerdem gibt es Cafes, in denen man bombastische Torten essen kann oder zuckergetränkte Süßspeisen, die vergleichbar lecker sind. Von dort aus kann man entspannt das Gewusel auf den Straßen beobachten, wenn man Glück hat sogar mal eine Demonstration.
Es ist also immer viel los, alle sind draußen und drängeln oder schlängeln aneinander vorbei, ohne ignorant zu sein. Man kann den Backmaschinen beim Backen zusehen, man kann Kanarienvögel in ihren Käfigen beim Singen zuhören, manchmal den Müll riechen oder frisch gemahlenen Kaffee, frisch gepresste Säfte trinken und mitten im Gewusel nicht verstehen, dass sich zu Hause jemand um einen Sorgen machen könnte, nur weil man in Ramallah ist.
Viele Gruesse,
Lena
* Diese Angabe stammt aus einer Ramallah-Broschuere. Es muessen aber deutlich mehr sein, man spekuliert so, zwischen 100 000 und 300 000. Oder eben 40 000. Man weiss ja nie.
lena.spr - 16. Sep, 14:19
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